Heute Morgen ging es nun doch mit dem frühen Geraschel los. Ich hab schon gedacht damit will keiner so richtig anfangen. Aber so viele Leute wie mir im Vorfeld davon berichtet hatten konnten sich auch gar nicht irren. Im 8-Bett-Zimmer wurde so viel Krach gemacht, dass ich dachte ich bin gleich die Einzige die sich noch nicht fertig gemacht hat. Aber es haben tatsächlich zwei einzelne Leute geschafft so ‘nen Krach zu machen. Um 6:30 wurde allerdings sowieso das Licht angemacht Time to get up.. Zähne putzen, Füße eincremen, anziehen, fertig und ab in den Regen. Zuerst mal ging es durch die Vororte von Pamplona und dabei zeigte sich mein Poncho schon als absoluter Fehlkauf. Völlig zerrissen, wohlgemerkt nur vom Regen. Das Ding landete spontan in der Tonne.
In Pamplona beschäftigten wir uns zuerst mal mit der Suche nach ‘nem Kaffee. So was hatten sowohl Sascha als auch ich nämlich schon Tage lang nicht mehr in angemessener Form zu sehen bekommen. Danach musste noch ein neuer Poncho her und so irrten wir auf der Suche nach nem Pilger- oder Sportladen durch die Stadt. Getreu dem Motto der Weg gibt dir was du brauchst liefen wir zufällig an einer kleinen schon geöffneten Outdoor-Klitsche vorbei, wo ich mir für 38 Euro einen neuen Hightechponcho kaufte. Plötzlich stand Malte mal wieder vor uns. Den hatten wir gestern überhaupt nicht zu Gesicht bekommen. Er war bis Pamplona gelaufen und hatte es sich gegönnt mal auszuschlafen. Malte der gerne alleine gehen möchte, um sich nicht unterhalten zu müssen und mal zu sich selbst finden zu können, quatschte uns erstmal ne ganze Weile voll und war auch nicht zu stoppen. Gegen 11 Uhr verließen wir dann endlich zusammen Pamplona. An einer Ampel fragte Malte plötzlich, ob wir die Frau die uns entgegen kommt auch so hässlich finden. Hässlicher ginge es kaum noch. Sein Ekel war kaum zu überhören. Sascha reagierte ganz anders als ich erwartet hätte. Sascha ist ganz eindeutig ein Schönling dem man nach Schubladendenken erstmal Oberflächlichkeit vorwerfen würde und die Frau war wirklich kein allzu hübscher Blickfang. Aber Sascha war völlig empört. Hässlich kommt von hassen und eine Person zu hassen ohne sie zu kennen wäre jawohl kaum möglich. Vielleicht ist sie nicht attraktiv aber das würde sie nicht zu einem hässlichen Menschen machen. Die Aussage an sich würde sich jawohl von selbst verbieten und alles andere aber sicher nicht auf den Jakobsweg gehören. Mit so einer deutlichen Aussage hatte ich nun wirklich nicht gerechnet. Aber Recht hat er. Und plötzlich war Malte auch schon wieder verschwunden.
Sascha und ich unterhielten uns über die Ungerechtigkeiten der Welt. Der Weg war schon nahezu ausgestorben. Der größte Pilgerschwung war zum Glück schon durch. Das hatten wir wohl unserer ausgedehnten Kaffeepause zu ver-danken. Es ging auf extrem matschigen Wegen zum Alto de Perdon hoch und wir waren froh kein Teil der großen Matsch-karawane, die hier noch wenige Stunden vorher langgetrampelt sein mußte, gewesen zu sein. Von dort oben hat man eine tolle Aussicht auf die gelaufenden Kilometer des Tages und auf die zu laufenden Kilometer der nächsten 1,5 Tage. Glücklicherweise regnete es auch mal nicht.
Der Weg nach unten entpuppte sich erfreulicherweise als nicht ganz so matschig dafür war er aber ziemlich steil und ne echte Belastung für Knie und Füße. Ich überholte ein Pärchen mit Wanderstöcken und war mir mal wieder sicher, dass es besser für mich war auf Wanderstöcke verzichtet zu haben. Die beiden konnten mit ihren nicht wirklich gut umgehen und sahen sehr sehr unsicher aus. Mir würde es vermutlich nicht anders gehen, denn die Stöcke verleiten einen dazu, sein Gewicht nach vorne zu verlagern. Gefühlt habe ich aber eine viel bessere Position wenn ich mein Gewicht beim bergabgehen nach hinten verlager. Ich kam auf jeden Fall ohne Gefahr eines Sturzes oder schmerzende Knie unten an und wartete auf Sascha. Der Weg war bis hier ganz schön anstrengend und wir waren beide nicht mehr wirklich frisch, trotzdem schlug ich vor den Umweg über die kleine Kapelle von Eunate in Kauf zu nehmen. Mein Reiseführer suggerierte mir, dass es sich hierbei um einen 2 Kilometer Umweg handelte. Auf dem Weg zur Kapelle wurde mir aber klar, dass es dabei nur um den Hinweg ging und ich fürchtete schon einen Einlauf von Sascha dafür zu kassieren. Die kleine Kapelle, die letztendlich nicht viel mehr ist als eine kleine Kapelle an der sich der Camino frances und der Jakobsweg über den Somportpass treffen, stellte uns aber völlig zufrieden. Um die Schöneit der Kapelle und die Magie des Ortes richtig aufnehmen zu können, solle man 3 mal Barfuß um sie herum laufen. Ein anderes mal vielleicht. Heute hatten meine Füße schon genug geleistet.
Der Weg führte uns weiter bis Puenta la Reina. Dort bekamen wir zwischen sechs und halb sieben zwei der letzten Betten, gingen einkaufen und kochten Nudeln. In unserem Schlafraum waren zwei Koreaner die wir schon in Trinidad de Arre gesehen hatten. Ich hatte die beiden nicht mehr richtig auf dem Schirm aber Sascha hatte sich in Trinidad de Arre wohl etwas mit ihnen unterhalten und machte jetzt direkt weiter. Die Beiden sind ein in der Nähe von Hamburg lebendes circa 55-60 jähriges koreanisches Paar, das schon zum 4. Mal auf einem Camino unterwegs sind. Sie geben jeden Tag ordentlich Gas und reissen ihre 30 oder mehr Kilometer runter, kommen früh an und sehen trotzdem nicht ausgepowert aus. Mal gucken ob wir die nochmal wieder sehen.
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