Die Nacht in Ventosa war mal abgesehen von dem schnarchenden Menschen neben mir super. Geniale Matratze und dadurch nicht diese ungeliebten Schmerzen in der Hüfte. Alle halten sich auch tatsächlich an die Bettruhe. Bis die Musik angeht, von der wir geweckt werden sollen, sind alle friedlich am schlafen. Ich mach mich langsam aber sicher fertig und verlasse mal wieder als eine der Letzten die Herberge. Heute soll es ein kurzer Tag werden, die Füße sollen sich entspannen, da brauch ich nicht gleich mit Stress starten. Ich freu mich schon auf meinen Kaffee als ich nach 10 Kilometern püntklich zum Frühstück in Najera einlaufe. Das erstbeste Café neben dem Fluss Najerilla ist meins. Dort sitzen draußen schon ein paar Pilger und so hol ich mir meinen Kaffee und ein Bocadillo, gehe nach draußen und werde auch gleich freundlich aufgefordert mich doch dazu zusetzen. Die Gruppe besteht aus zwei Frauen, die sich aber schon bald auf den Weg in ein Museum machen, einem Spanier und einer Dänin: Camilla.
Der Spanier macht sich auch bald auf den Weg dafür trudeln ein paar Iren ein. Meine "Lieblingsirin" ist auch dabei, daher treibe ich Camilla an doch mit mir ein Stück zusammenzugehen. Wir machen uns auf den Weg nach Azofra, wo für mich heute Schluss sein soll. Wir verquatschen den Weg, finden ein gemeinsames Tempo und sind schon bald da. Angekommen setzen wir uns wieder zu einem cafe con leche in eine Bar und beobachten die Iren beim Einlaufen. Nach kurzem Smalltalk über den Irlandurlaub letztes Jahr geht es gleich weiter.
Ganz eindeutig ist es noch viel zu früh zum Feierabend machen. Die Füße fühlen sich auch noch in Ordnung an, der nächste Ort wird also meine heutige Endstation. Nach einem knackigen Anstieg und der entsprechenden Pause oben auf dem Hügel, stehen wir auch schon in Ciruena. Der Ort ist so gar nicht wie man sich ein spanisches Dorf vorstellt. Üblicherweise findet man alte, kleine Häuser mit alten, kleinen Spaniern und eine Kirche. Ciruena entpuppt sich als Geisterstadt. Etliche Neubauten und keiner davon scheint bewohnt zu sein. Da hat sich wohl einer in der Krise in den Ruin gebaut. Schade eigentlich. Die neuen Laternen an den noch nicht fertigen Straßen stehen in hohem Unkraut, an dem ein oder anderen Haus klappern die Fensterläden, kein Garten ist bepflanzt, kein Auto steht in den Einfahrten und keiner ist im Schwimmbad zu finden. Nur der Golfclub, der ist gut frequentiert. Wir suchen nach einer Bar aber mitten in dieser Geisterstadt gibt es natürlich keine, zumindest keine bewirtschaftete. Im alten Teil des Dorfes Ciruena finden wir dann aber doch noch eine und bekommen unseren wohlverdienten cafe con leche. Natürlich treffen wir auch hier die Iren wieder. Von hier aus sind es nur noch 7 Kilometer bis Santo Domingo de la Clazada, wir fühlen uns richtig gut und wirklich gefallen tut es uns hier nicht. Die Entscheidung noch zwei Stunden in Kauf zu nehmen, fällt daher nicht sonderlich schwer. Mein Reiseführer verspricht eine super originelle Herberge in Granon. Ein Dorf hinter Santo Domingo de la Calzada und somit weitere 7 Kilometer entfernt. Aber dafür befindet sich die Herberge auf Gewölbehöhe innerhalb der Kirche beziehungsweise im Chorgestühl. Ob es uns das wert ist wollen wir erst in Santo Domingo entscheiden.
Noch frisch machen wir den letzten Hügel unsicher und sehen schon bald die nahe-gelegene Stadt. Es zieht sich dann aber doch noch ganz schön und so steht fest, heute geht es nicht mehr weiter. Schade eigentlich, die Herberge im Dachstuhl eines Glocken-turms hätte ich mir schon ganz gerne angetan, aber anderer-seits vermute ich, dass Sascha mich so nie mehr einholen würde. Und den möchte ich un-bedingt wieder treffen. Die erste Herberge der Stadt ist direkt mal completo, aber wir wollen ohnehin lieber in die Herberge der Bruderschaft. Ein auf Spendenbasis funktionierendes "Pilgerhotel" mit 220 Betten, Fahrstühlen und Physiotherapeuten. Es gibt schöne dicke Matratzen, genug Duschen, eine große Küche und unendlich viele Sofas. Sehr cool gemacht.
Nach dem Duschen gehen Camilla und ich erst mal Klamotten waschen. In einer richtigen Waschmaschine. Super! Gegenüber der Her-berge ist ein Waschsalon. Das heißt die Kla-motten werden heute sogar richtig trocken, denn einen Trockner gibt es natürlich auch. Camilla erzählt mir von ihrem Job als Spanisch-Dänisch Übersetzerin. Es ist immer gut auf dem Camino jemanden zu kennen der fließend Spanisch spricht. Ich bewache unsere Waschmaschine während Camilla telefonieren geht. Als sie zurückkommt erzählt sie erstmal, dass sei einem unbeholfenem Deutschen mit schwachen Spanischkenntnissen beim "einchecken" helfen konnte. Jaja typisch deutsch, die wissen sich einfach nicht zu helfen. Wieder zurück in der Herberge seh' ich plötzlich ein mir bekanntes Gesicht mit dem ich überhaupt nicht gerechnet habe. Malte sitzt da. Soll ich mich jetzt freuen oder nicht?! Die kleine Nervensäge sieht mich und verdreht erstmal die Augen. Na gut, er freut sich schonmal nicht so richtig ;-) Ich mich schon ein bischen und setze mich zu ihm. Die Freude über Malte ist aber schnell vergessen, denn da kommt plötzlich auch noch ein frisch geduschter Sascha um die Ecke und das Grinsen weicht nicht mehr aus unseren Gesichtern. Wir sind beide unheimlich froh uns wiedergefunden zu haben. Er hat bei insgesamt 220 Betten sogar das Bett neben mir bekommen. Auf dem Camino gibt es doch immer wieder lustige Zufälle. Während Sascha mir von seinem 38 Kilometer Mammuttag erzählt kommt Camilla wieder dazu und macht erstmal darauf aufmerksam, dass das doch genau der Deutsche ist dem sie beim "einchecken" helfen musste. Der Camino besteht quasi aus lustigen Zufällen.
Für Sascha und mich ist ohne Worte selbstverständlich, dass wir zusammen einkaufen gehen müssen, damit ich uns unser Essen kochen kann ;-) Ja, Sascha kann ein ganz schöner Macho sein. Wir kaufen Gemüse und Eier und machen daraus ein leckeres Rührei mit Chorizoeinlage dazu gibt es ein Bierchen. Zum Nachtisch gibt es einen Haufen Erdbeeren. Das Bier haut ganz schön rein und wir haben einen sehr lustigen Abend mit Gesprächen die die Welt nicht braucht und auch besser nicht hört. Selbst der grummelig wirkende Malte gesellt sich zu uns und läßt sich aus der Reserve locken. Ja, ja Malte und die Frauenwelt. Ein Thema für sich.
Wir nutzen die Zeit bis 22 Uhr für ausgiebiges Gelächter bis wir aufgefordert werden endlich Ruhe zu geben. Aber selbst im Bett liegend müssen wir uns zusammenreissen nicht den ganzen Schlafsaal wachzuhalten.